Wie Programmatic-Technologie und die richtigen Creatives in der digitalen AuĂenwerbung optimal zusammenwirken: So kommen Marken in vier Schritten zu einer gut ausgesteuerten Kampagne.
Es ist eine Debatte, die fast schon so alt ist wie datengetriebene Marketing-Technologien selbst: Wie ist das Verhältnis zwischen Programmatic Advertising und Kreativleistung? Eine nach wie vor verbreitete Annahme lautet: Bei Programmatic geht es um Performance und Targeting, da ist das Kreative nicht so entscheidend – das ist eher was fĂźr die “Technik-Nerds”.
Auch im Spezialbereich AuĂenwerbung gibt es eine ähnliche Konstellation: Hier ist mit Programmatic DooH ein sehr stark datenbasiertes Vorgehen längst mĂśglich, aber im Markt dominiert nach wie vor die Annahme, dass DooH “groĂ und knallig” sein muss – also eher das Gegenteil von einem “feinsinnigen”, differenzierten Ansatz, der auf die Kraft der richtigen Creatives setzen wĂźrde.
Tatsächlich ist die digitale AuĂenwerbung auch in dieser Debatte ein Sonderfall, denn hier hilft gerade die vermeintlich “nerdige” Programmatic-Technologie, die wahren Kreativpotenziale zu heben. Wie das mĂśglich ist, zeigen die unten beschriebenen vier Schritte, die Markenverantwortliche mit Sinn fĂźr gute Creatives berĂźcksichtigen sollten.
1. Tiefgreifende Analyse der Touchpoints in all ihren Facetten
Creatives kĂśnnen letztlich nur dann ihre volle und beabsichtigte Wirkung entfalten, wenn sie fĂźr die adressierte Zielgruppe die nĂśtige Relevanz aufweisen. Der erste Schritt ist daher der genaue Blick auf den Touchpoint. Erst durch die aktuellen datenbasierten Technologien in der digitalen AuĂenwerbung wird es mĂśglich, Fragen zu beantworten wie: Welche Besonderheit hat jeder einzelne Touchpoint? Welche Zielgruppe treffe ich dort zu welchen Zeiten an? Wie ist Ăźblicherweise die Geschlechterverteilung? Gibt es bei den dort anzutreffenden Menschen Interessenschwerpunkte oder ein typisches Kaufkraft-Niveau?
Um es konkret zu machen, hier einige beispielhafte Touchpoints mit äuĂerst unterschiedlichen Eigenschaften, an denen digitale AuĂenwerbung gebucht werden kann:
- Flughafen: Mit Fluggast-Targeting und Adressable Gate TV kĂśnnen gezielt Menschen mit bestimmtem Reiseziel oder Reisegrund angesprochen werden.
- Shopping-Mall: Hier gibt es so unterschiedliche Touchpoints wie solche direkt am POS, aber auch jene, die in einer Passagesituation, also im Vorbeilaufen wahrgenommen werden.
- Autobahn (zum Beispiel an Raststätten): Ebenfalls vor allem POS-Touchpoints, mit der zusätzlichen Eigenschaft, dass je nach Wochentag vor allem Geschäfts- oder Privatreisende angesprochen werden kÜnnen.
- Wartezimmer von Arztpraxen und Ăhnliches: Je nach Ărztegruppe unterscheidet sich die Zielgruppe. Bei GynäkologInnen und KinderärztInnen trifft man beispielsweise auf ein vorwiegend weibliches Publikum.
- Hochschulen: Hier findet man vorwiegend jĂźngere Zielgruppen mit hohem Bildungsniveau.
- Fitnessstudios: Je nach Touchpoint kann man hier mit einer vergleichsweise längeren Verweildauer arbeiten – z.B. bei Screens, die an Cardio-Geräten angebracht sind.
2. Berßcksichtigung spezifischer Faktoren fßr die ausgewählten Touchpoints
Je nach Touchpoint kommen also sehr unterschiedliche Eigenschaften ins Spiel, die bei der Konzeption der Creatives unbedingt berßcksichtigt werden mßssen. Infrage kommen u.a. Faktoren wie die ßbliche Verweildauer (abhängig vom konkreten Ort des Touchpoints bzw. der Frage nach Warte- oder Passagesituation), die Nähe zum POS, die Wetterlage oder sogar die Nachrichten- oder Ereignislage sowie lokale Besonderheiten.
Um es an einem Beispiel konkret zu machen: An Touchpoints, die typischerweise auf einen Betrachtungszeitraum von nur wenigen Sekunden kommen, mßssen die Werbemittel anders konzipiert werden als bei einer längeren Verweildauer. Produkt und Botschaft mßssen unmittelbar erkennbar und verständlich sein. Bei längerer Verweildauer hat man hier etwas mehr Spielraum, auch wenn das Ziel und die Kernbotschaft dennoch mÜglichst schnell verständlich werden sollte. Eine damit zusammenhängende Frage ist: Steht Branding oder Sales Uplift im Vordergrund der Kampagne? Die Creatives mßssen dementsprechend und gleichzeitig in Abhängigkeit von der Verweildauer konzipiert werden.
Je nach verfĂźgbarer technologischer Komplexität kĂśnnen die spezifischen Faktoren an den Touchpoints unterschiedlich “fein” berĂźcksichtigt werden. Bei einfacheren Varianten der Werbemittelanpassung kĂśnnte das Vorgehen zum Beispiel so aussehen: Bei einem Targeting je nach Wetterlage werden mindestens zwei unterschiedliche Motive erstellt – zum Beispiel eines fĂźr Regen, eines fĂźr Sonnenschein und in der Kampagne hinterlegt. Ăber die DSP läuft während der Ausspielung der Kampagne ein Wettertargeting mit, auf Basis dessen entschieden wird, welches Werbemittel wann zum Einsatz kommt. Auf die gleiche Art kĂśnnen beliebige andere Third-Party-Daten einbezogen werden, z.B. der aktuelle Stand bei einem gerade stattfindenden FuĂballspiel, die locationbasierte VerfĂźgbarkeit von Mietwagen, die Anzahl noch verfĂźgbarer Produkte/Angebote innerhalb spezifischer Geschäfte/POS oder Ăhnliches.
3. Intelligente Bespielung der jeweiligen Touchpoints mit zugeschnittenen Inhalten
Kennt man die Touchpoints entsprechend genau, kann man im nächsten Schritt Themen und Inhalte finden, die vor dem Hintergrund der grĂśĂtmĂśglichen Relevanz fĂźr das Publikum genau ins Schwarze treffen. Am besten lässt sich dies erneut an einem konkreten Beispiel demonstrieren, in diesem Fall eine Customer Journey aus dem Bereich Healthcare:
Zunächst wird die Zielgruppe im Wartezimmer eines Arztes angesprochen. Das beworbene Produkt ist ein in Apotheken frei verkäufliches Arzneimittel, z.B. ein Erkältungsmittel oder Ăhnliches. Bei den Screens im Wartezimmer kann man durch die Wartesituation Ăźblicherweise mit einer längeren Verweildauer rechnen und die Wartenden sind prinzipiell aufnahmefähig. Entsprechend kann das Creative konzipiert werden und z.B. mithilfe von Bewegtbild eine kleine Geschichte erzählen. In einem solchen Werbemittel kĂśnnen auch relativ viele Informationen enthalten sein, u.a. der Hinweis, dass das Produkt in der Apotheke erhältlich ist. Wer besonders granular vorgehen mĂśchte, kĂśnnte sogar auf die nächstgelegenen Apotheken im Umkreis hinweisen.
Ergänzt wird die Kampagne dann mit der Ansprache der VerbraucherInnen auf Screens in der Apotheke. Hier wird die Verweildauer deutlich kßrzer sein und das Creative sollte vor allem auf die unmittelbare Aktivierung zum Kauf ausgerichtet sein, z.B. mit Hinweis auf Rabatt- und Sonderaktionen.
4. Die technischen MĂśglichkeiten voll ausschĂśpfen
Die vorherigen drei Punkte sind die notwendige Basis und geben einen Hinweis darauf, was mit Programmatic DooH technologisch mĂśglich ist. AnschlieĂend heiĂt es fĂźr Marken, der Kreativität freien Lauf zu lassen und bei den BetrachterInnen im Idealfall einen “Wow-Effekt” zu erzeugen. Ein besonders groĂes Potenzial, dies zu erreichen, bietet die Echtzeit-Anpassung von Werbemitteln mit Dynamic Creative Optimization (DCO). HierfĂźr ist die technologische Voraussetzung in der Regel, dass HTML5 verwendet werden muss. Der Vorteil: Die Creatives kĂśnnen dann tatsächlich live verändert und angepasst werden, ohne dass vorab jeweils neue Werbemittel hinterlegt werden mĂźssen.
Auch hier lässt sich am besten an einem konkreten Beispiel zeigen, technische MĂśglichkeiten und Kreativität ideal zusammenwirken kĂśnnen: Nehmen wir an, dass ein Unternehmen sich als Hauptsponsor eines groĂen FuĂballvereins engagiert. Das Unternehmen schaltet ohnehin regelmäĂig DooH-Kampagnen im Einzugsgebiet des Vereins. Am Spieltag kĂśnnen dann die Live-Daten zur Partie des Vereins genutzt werden, um die Creatives der Kampagne in Echtzeit anzupassen: SchieĂt das Team ein Tor, läuft z.B. das Maskottchen des Vereins jubelnd quer Ăźber den Bildschirm und anschlieĂend werden der aktuelle Spielstand, die Spielminute, der TorschĂźtze und Ăhnliches eingeblendet.
Relevanz entsteht im Zusammenspiel
Aufgrund der technologischen MĂśglichkeiten, die der Kanal mittlerweile bietet, ist das Potenzial, relevante DooH-Kampagnen zu konzipieren, die bei den KonsumentInnen im Gedächtnis bleiben, heute grĂśĂer denn je. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine australische Studie aus dem vergangenen Jahr. AuĂenwerber QMS und Marktforscher Neuro-Insight fanden heraus, dass bei einer DooH-Kampagne schon kleine Veränderungen der Creatives im Zeitverlauf zu einer deutlich gesteigerten Erinnerung fĂźhren. Wie groĂ mag dieser Effekt dann erst sein, wenn Marken das kreative Potenzial von Programmatic DooH voll ausschĂśpfen und so besonders relevante Werbemittel erzeugen?
Fest steht: Gute DooH-Werbung muss heute nicht mehr zwangsläufig groĂ und spektakulär sein. Zwar ist und bleibt auch die digitale AuĂenwerbung ein One-to-Many-Medium, aber die MĂśglichkeiten, Relevanz zu erzeugen, sind heute grĂśĂer denn je. Relevanz bedeutet in diesem Zusammenhang: In der richtigen Situation die BedĂźrfnisse des KonsumentInnen antizipieren und mit den passenden Inhalten gezielt darauf eingehen. Wer das im geschickten Zusammenspiel zwischen technischen MĂśglichkeiten und Kreativität sicherstellen kann, wird bei seinen DooH-Kampagnen in Sachen Qualität und Effizienz schon bald ein vĂśllig neues Niveau erreichen.